H&M verliert Handtaschen-Streit mit Yves Saint Laurent

H&M unterliegt Yves Saint Laurent im Handtaschenstreit

Der EuGH hat mit Urteil vom 10.09.2015 die von H&M erhobenen Klagen gegen die Eintragung von zwei Geschmacksmustern für Handtaschen von Yves Saint Laurent abgewiesen.

Gesetzliche Ausgangslage

Nach der Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster hat ein eingetragenes Geschmacksmuster Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Geschmacksmuster, das der Öffentlichkeit vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung zugänglich gemacht worden ist, bei diesem Benutzer hervorruft. Die Eigenart eines Geschmacksmusters beurteilt sich unter Berücksichtigung des Grads der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei seiner Entwicklung.

Sachverhalt

Im Jahr 2006 ließ das HABM zwei zur Anwendung auf Handtaschen bestimmte Geschmacksmuster der französischen Gesellschaft Yves Saint Laurent (YSL) zur Eintragung zu.

Im Jahr 2009 reichte die Gesellschaft H&M Hennes & Mauritz (H&M) beim HABM zwei Anträge auf Erklärung der Nichtigkeit der für YSL eingetragenen Geschmacksmuster ein und führte zur Begründung aus, dass diese keine Eigenart aufwiesen. H&M stützte ihren Antrag auf ältere Geschmacksmuster.

Entscheidung HABM

Da ihre Nichtigkeitsanträge abgelehnt wurden, legte H&M beim HABM zwei Beschwerden ein, die mit Entscheidungen vom 8.07.2013 zurückgewiesen wurden. Im Rahmen der Prüfung der Eigenart der Geschmacksmuster von YSL gelangte das HABM zu der Einschätzung, dass die Geschmacksmuster von YSL und H&M zwar gemeinsame Merkmale hätten, die Unterschiede in Bezug auf Form, Struktur und Gestaltung der Oberfläche aber eine entscheidende Rolle bei dem von diesen Taschen hervorgerufenen Gesamteindruck spielten. Der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers sei hoch, in diesem Fall beseitige er aber aus Sicht der informierten Benutzerin nicht die erheblichen Unterschiede zwischen den fraglichen Taschen.

H&M hat beim Gericht der Europäischen Union beantragt, die Entscheidungen des HABM aufzuheben.

Entscheidung EuG

Mit seinen Urteilen vom heutigen Tag weist das Gericht die Klagen von H&M ab.

Entgegen der Auffassung von H&M ist die Beurteilung des Grads der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers keine abstrakte Vorstufe des Vergleichs zwischen den Gesamteindrücken, die die fraglichen Geschmacksmuster hervorrufen. Die Eigenart eines Geschmacksmusters bestimmt sich nicht allein nach dem Faktor der Gestaltungsfreiheit. Dieser ist vielmehr ein Gesichtspunkt, der zu berücksichtigen ist, da er es erlaubt, diese Beurteilung zu nuancieren.

Hinsichtlich des Vergleichs zwischen den von den fraglichen Taschen hervorgerufenen Gesamteindrücken weist das Gericht darauf hin, dass sich der Entscheidung des HABM zufolge die Taschen von YSL durch drei Merkmale, die sich entscheidend auf ihr Gesamterscheinungsbild auswirkten, von der Tasche von H&M unterscheiden, nämlich ihre Form, ihre Struktur und ihre Oberflächengestaltung. Das Gericht bestätigt die Beurteilung durch das HABM, wonach die Geschmacksmuster von YSL somit bei der informierten Benutzerin einen anderen Gesamteindruck hervorrufen als das von H&M. Die Unterschiede zwischen den in Rede stehenden Geschmacksmustern sind erheblich und die Ähnlichkeiten zwischen ihnen sind für den Gesamteindruck, den sie hervorrufen, unwesentlich.

Insbesondere hat das HABM in seinen Entscheidungen vom 8. Juli 2013 festgestellt, dass die Gestalt der Geschmacksmuster von YSL erkennbar rechteckig sei, was ihnen den Eindruck eines vergleichsweise eckigen Gegenstands verleihe. Dagegen sei der Umriss des Geschmacksmusters von H&M durch Rundungen geprägt. Ferner seien die Geschmacksmuster von YSL aus einem einzigen Stück Leder gearbeitet, während die Vorder- und die Rückseite des Geschmacksmusters von H&M durch Nähte in drei Teile geteilt seien. Schließlich sei die Oberfläche der Geschmacksmuster von YSL (mit Ausnahme zweier Nahtansätze in den unteren Ecken) völlig glatt gestaltet, während die Oberfläche des Geschmacksmusters von H&M mit deutlichen und plastisch hervorgehobenen Verzierungen versehen sei.

Die gemeinsamen Merkmale der Geschmacksmuster für eine Tasche sind ihre obere Umrisslinie und der Griff in Form eines oder mehrerer Riemen, die mit einem durch Nieten verstärkten System von Ringen an der Tasche befestigt sind. In seinen Entscheidungen vom 8. Juli 2013 hat das HABM u. a. darauf hingewiesen, dass die Art und Weise, in der diese Ringe in die fraglichen Taschen eingearbeitet seien, sehr unterschiedlich sei, da die Ringe bei den Geschmacksmustern von YSL, anders als bei dem von H&M, deutlich sichtbar seien und das Licht durchließen, ein Detail, das für die informierte Benutzerin klar erkennbar sei.

Bei den Geschmacksmustern von YSL wird der Eindruck eines durch Grundlinien und eine Einfachheit der Form gekennzeichneten Musters einer Tasche hervorgerufen, während das Geschmacksmuster von H&M den Eindruck einer detaillierter gearbeiteten Tasche hervorruft, die durch Rundungen und eine mit Ornamenten verzierte Oberfläche gekennzeichnet ist. Die Riemen und der Griff der Geschmacksmuster der beiden Marken dienen offenkundig unterschiedlichen Verwendungen, da die Geschmacksmuster von YSL ausschließlich in der Hand zu tragende Taschen darstellen, während das von H&M eine über der Schulter zu tragende Tasche darstellt.

EuGH, Urteile in den Rechtssachen T-525/13 und T-526/13 H&M Hennes & Mauritz / HABM – Yves Saint Laurent (Handtaschen)

Quelle: PM des EuGH vom 10.09.2015