LG Potsdam: IDO handelt rechtsmissbräuchlich

Nachdem bereits zahlreiche Gerichte (OLG Rostock, LG Darmstadt, LG Bonn, LG Heilbronn, LG Bielefeld und zuletzt das LG Hildesheim) IDO Rechtsmissbrauch bescheinigten, erlitt IDO nun auch vor dem LG Potsdam eine herbe Niederlage. Ebenso wie das LG Hildesheim geht auch das LG Potsdam von Rechtsmissbrauch aus, da es sich bei 98% der IDO Mitglieder nur um passive Mitglieder handele. IDO nimmt in der Regel Unternehmen nur als passive Mitglieder auf und schließt sie damit ohne sachlichen Grund von der internen Willensbildung bei IDO aus. Dies spricht auch nach Ansicht des LG Potsdam für Rechtsmissbrauch.

IDO mahnt Amazonhändler wegen fehlerhafter Grundpreisangabe ab

Anlass dieses Eilverfahrens war wieder eine typische IDO Abmahnung. Hier mahnte IDO einen Amazonhändler ab, weil in dessen Angeboten die Grundpreisangabe fehlte. Da der abgemahnte Amazonhändler keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab, beantragte IDO beim LG Potsdam den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Händler. Das LG Potsdam lehnte den Erlass einer einstweiligen Verfügung jedoch ab, da IDO rechtsmissbräuchlich handele.

LG Potsdam: passive Mitgliederstruktur bei IDO spricht für Rechtsmissbrauch

Den Rechtsmissbrauch begründete das LG Potsdam damit, dass IDO die zu fördernden Unternehmen nur als passive Mitglieder aufnimmt und diese damit ohne ersichtlichen sachlichen Grund gezielt von der internen Willensbildung des IDO Vereins ausschließt:

„Nach § 3 Abs. 3 und Abs. 4 seiner Satzung unterscheidet der Kläger zwischen aktiven und passiven Mitgliedern, letztere haben in der Mitgliederversammlung kein Stimmrecht. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der ganz überwiegende Teil der Mitglieder des Klägers eine Stellung als passive Mitglieder haben; bei lediglich höchstens 2 % handelt es sich um aktive Mitglieder. Diesen Vortrag der Beklagten hat der Kläger nicht bestritten; in der mündlichen Verhandlung ist die Klägervertreterin lediglich der Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers entgegengetreten.“

Grundloser Ausschluss passiver IDO Mitglieder von interner Willensbildung

Anders als noch im Verfahren vor dem LG Hildesheim hatte IDO hier keinen Grund angegeben, warum der Ausschluss von immerhin 98% der IDO Mitglieder erforderlich sei. Vielmehr dränge sich der Verdacht auf, dass IDO auf diese Weise versucht, die für die Aktivlegitimation nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erforderliche Anzahl an Mitgliedern zu erreichen, um weiterhin Wettbewerbsverstöße abmahnen und hierdurch Gebühren und Vertragsstrafen erzielen zu können:

"Ein sachlicher Grund dafür, weshalb der Kläger Online-Unternehmen, deren Interessen er wahrzunehmen und zu fördern behauptet, von der Willensbildung des Klägers ausschließt, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Kläger ganz überwiegend Mitglieder nur deshalb aufnimmt, um die für seine Aktivlegitimation und Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr.2 UWG erforderliche Voraussetzung der Mitgliedschaft einer erheblichen Zahl von Unternehmern zu erreichen und auf diese Weise durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen auf unterschiedlichen sachlichen Märkten Einnahmen zu erzielen (so auch OLG Celle, Urteil vom 26.3.2020 zum Az. 13 U 73/19 und Landgericht Hildesheim, Urteil vom 20.11.2020 zum Az.11 O 5/19).“

Vor dem LG Hildesheim hatte IDO noch vorgetragen, dass diese „Vereinsstruktur“ von IDO bewusst gewählt worden sei, da sonst die „Vereinsziele“ nicht zu erreichen seien, denn bei einer hohen Anzahl von aktiven IDO Mitgliedern seien „kostspielige Versammlungen und endlose Debatten mit juristischen Laien“ zu besorgen. Mit Mitgliedern, deren Interessen IDO eigenltich schützen wolle, will IDO sich also nicht auseinandersetzen. Diese „Rechtfertigung“ ließ das LG Hildesheim denn auch nicht durchgehen, sondern stütze genau hierauf den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs. Diese "Argumentation" wiederholte IDO vor dem LG Potsdam daher wohl bewusst nicht.

LG Potsdam, Urteil vom 23.2.2021, Az.: 52 O 102/20

Praxishinweis

Ein weiteres vernichtendes Urteil für IDO. Die Luft für IDO wird immer dünner. Mittlerweile haben zahlreiche Gerichte erkannt, dass es IDO nicht um die „Einhaltung des fairen Wettbewerbs“ geht, sondern allein um die Erzielung von Gebühren und Vertragsstrafen.

IDO überprüft Verstöße gegen strafbewehrte Unterlassungserklärung. Stellt IDO einen Verstoß fest, verlangt IDO Vertragsstrafen zwischen 3.000 EUR und 5.000 EUR je Verstoß und klagt diese auch ein.

Daher sollte - wenn überhaupt - nur dann eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden, wenn alle darin angeführten Fehler beseitigt wurden und zu 100% sichergestellt ist, dass diese Fehler zukünftig ausgeschlossen sind. Insbesondere bei Verkäufen auf Amazon sollte die Abgabe einer Unterlassungserklärung wohl überlegt sein.

Auch bei Verstößen gegen Preisangaben oder Kennzeichnungsvorgaben sollte überlegt werden, ob man nicht eher das Risiko eines Klageverfahrens als die Verwirkung einer hohen Vertragsstrafe eingehen sollte. Wie die zahlreichen Urteile belegen, sind die Gerichte gegenüber IDO mittlerweile mehr als kritisch eingestellt.

Sollten auch Sie eine Abmahnung von IDO erhalten haben, berate und vertrete ich auch Sie außergerichtlich als auch gerichtlich.