Fotos: Ist die DSGVO oder das KUG anwendbar?

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Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Wer darf welche Fotos wo veröffentlichen? Kaum ein Thema wird seit Inkrafttreten der DSGVO so heiß diskutiert. Bereits die Frage nach dem richtigen Gesetz für die Veröffentlichung von Fotos ist umstritten. Bei Fotos, auf denen Personen abgebildet sind, handelt es sich um personenbezogene Daten i.S.d. DSGVO. Das "Recht am eigenen Bild" wird in den §§ 22 KUG geregelt. Art. 85 Abs. 2 DSGVO enthält eine sog. Öffnungsklausel für journalistische, wissenschaftliche und künstlerische Zwecke. Was gilt für wen was: DSGVO, KUG oder beides? Nachfolgend eine kleine Hilfestellung, welche gesetzliche Grundlagen bei der Aufnahme und Veröffentlichung von Fotos anwendbar sind und was sonst noch zu beachten ist.

Was hat Fotografieren mit der DSGVO zu tun?

Gem. Art. 2 Abs. 1 DSGVO gilt die DSGVO für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen.

Bei Fotos, auf denen Personen erkennbar abgebildet sind, handelt es um personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Für die Erkennbarkeit kommt es übrigens nicht darauf an, ob der Fotograf einzelne Gesichter bestimmten Personen zuordnet, sondern maßgeblich ist allein die abstrakte Bestimmbarkeit des Personenbezugs. Bei digitalen Aufnahmen werden neben den Gesichtszügen häufig auch Ort und Zeit der Aufnahme als Metadaten gespeichert. Die Verarbeitung dieser Daten erfolgt bei digitalen Fotoaufnahmen automatisch, so dass eine „automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten“ gem. Art. 2 Abs. 1 DSGVO vorliegt.

Achtung:  Auch bei analogen Fotos kann die DSGVO anwendbar sein. Zwar erfolgt die Datenverarbeitung hier nicht automatisch. Werden jedoch z.B. Kontaktbögen in einem Ordner abgeheftet oder einzelne Fotos nach einer bestimmten Logik (z.B. in zeitlicher oder thematischer Abfolge) in ein Album aufgenommen, werden „personenbezogene Daten in einem Dateisystem gespeichert“ gem. Art. 2 Abs. 1 DSGVO. 

Art. 6 DSGVO vs. §§ 22 und 23 KUG

Gem. Art. 6 Abs. 1 DSGVO dürfen personenbezogene Daten nur mit Einwilligung oder bei Vorliegen eines anderen in Art. 6 Abs. 1 DSGVO genannten Rechtfertigungsgrundes verarbeitet werden. Unter den Begriff der „Verarbeitung“ im Sinne von Art. 4 Ziff. 4 DSGVO fällt neben der Aufnahme von Fotos z.B. Handlungen wie Bildbearbeitung, Verschlagwortung, Speichern und Archivieren von Bilddateien, Upload von Bilddateien auf einer Webseite, Social Media oder in einer Cloud, Übermittlung an externe Dienstleister, Bildagenturen oder Werbeagentur.

Das Recht am eigenen Bild war jedoch schon lange vor Inkrafttreten der DSGVO als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anerkannt und ist in § 22 und § 23 KUG geregelt. Nach § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind in § 23 Abs. 1 KUG (Personen der Zeitgeschichte, Personen als Beiwerk, Bilder von Versammlungen oder Aufzügen) geregelt.

Verhältnis DSGVO – §§ 22 und 23 KUG „schwierig“

Problematisch ist, ob und inwieweit seit Geltung der DSGVO noch Raum für die Anwendung der §§ 22 KUG besteht, da die DSGVO innerhalb ihres Geltungsbereichs Anwendungsvorrang vor nationalem Recht genießt.

Hierbei handelt es sich keineswegs um bloße akademische Überlegungen. Denn bei der Einwilligung bestehen Unterschiede: Die Einwilligung nach der DSGVO ist jederzeit ohne Grund frei widerrufbar (hierauf muss auch hingewiesen werden). Die Einwilligung nach § 22 KUG kann nur ausnahmsweise, ggf. nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes widerrufen werden.

Für die Beantwortung der Frage, ob und wer Vorrang hat, ist maßgeblich, für welche Zwecke die Personenfotos erstellt und veröffentlicht werden sollen. Insoweit gilt es zwischen folgenden Zwecken zu unterscheiden: private Zwecke, journalistisch-redaktionelle Zwecke, kommerzielle Zwecke.

Fotos im privaten Umfeld: DSGVO nicht anwendbar

Die Aufnahme und Veröffentlichung von Personenfotos im familiären oder privaten Umfeld unterfällt gem. Art. 2 Abs. 2 lit. c) DSGVO nicht der DSGVO. Dieses „Haushaltsprivileg“ setzt voraus, dass die fotografierten Personen und der Anlass einen familiären bzw. privaten Zusammenhang aufweisen (z.B. Teilnehmer an Familienfeiern, Schulfesten). Zudem muss auch der Zugriff auf solche Fotos auf das familiäre oder private Umfeld beschränkt sein (z.B. durch Nutzernamen und Passwort geschützte Gruppe, geschlossenes Forum).

Fotos von Familienfeiern dürfen daher nicht für jedermann einsehbar auf Social Media gepostet werden. Andererseits dürfen fremde Personen nicht gezielt fotografiert werden, auch wenn dies zu privaten Zwecken erfolgt. Dies hat z.B. das AG Hamburg im Zusammenhang mit der polizeilichen Beschlagnahme eines Mobiltelefons entschieden, dessen Besitzer ohne Erlaubnis Fotos von zwei Zeuginnen aufgenommen hatte (AG Hamburg, Beschluss vom 03.07.2020, 163 Gs 656/20).

Fotos für journalistisch-redaktionelle Zwecke: §§ 22 KUG Vorrang

Die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Fotos zu ausschließlich journalistisch-redaktionellen Zwecken richtet sich aufgrund der Öffnungsklausel des Art. 85 Abs. 2 DSGVO vorrangig nach den §§ 22, 23 KUG.

Da es sich bei der Veröffentlichung von Personenfotos um eine Datenverarbeitung handelt, würde die DSGVO normalerweise nationales Recht wie das KUG verdrängen. Gemäß Art. 85 Abs. 2 DSGVO dürfen die Mitgliedsstaaten für die Datenverarbeitung u.a. zu journalistischen Zwecken Abweichungen oder Ausnahmen von den Grundsätzen der Verarbeitung nach der DGSVO vorsehen. Nach Ansicht des BGH bilden die §§ 22 und 23 KUG eine solche abweichende nationale Regelung (BGH, Urteil vom 07.072020, VI ZR 250/19; BGH, Urteil vom 29.09.2020, VI ZR 445/19; BGH, Beschluss vom 16.02.2021, VI ZA 6/20).

Achtung: „Journalistisch-redaktionelle Zwecke“ liegen nur dann vor, wenn die Verarbeitung im Zusammenhang mit der journalistisch-redaktionellen und damit meinungsrelevanten Tätigkeit eines Medienakteurs steht. Es genügt daher nicht eine Meinungsäußerung von irgendjemand.

Die Privilegierung gilt zudem nur für solche Tätigkeiten, die „ausschließlich“ zu journalistischen Zwecken erfolgen. Werden (auch) andere Zwecke verfolgt, ist die Öffnungsklausel nicht erfüllt, so dass die DSGVO anwendbar ist. So liegen keine „ausschließlich“ journalistisch-redaktionellen Zwecke vor, wenn politische Vereine oder Parteien Veranstaltungsfotos veröffentlichen, um damit auf die parteipolitischen Aktivitäten und ihre Erfolge aufmerksam zu machen (so für Posts einer Partei auf Facebook: OVG Lüneburg, Beschluss vom 19.01.2021, 11 LA 16/20)

Fotos für gewerbliche und kommerzielle Zwecke: DSGVO wohl Vorrang

 Bei der Veröffentlichung von Fotos, auf denen Personen erkennbar abgebildet sind, für gewerbliche und kommerzielle Zwecke ist streitig, ob die DSGVO Vorrang vor den §§ 22 und 23 KUG hat.

Bis zur Entscheidung des Streits sollte man von einem Vorrang der DSGVO ausgehen, da diese strenger als das KUG ist. Dies gilt insbesondere für Veröffentlichungen, die nicht mehr unter das Medienprivileg fallen. Daher müssen auch Fotografen und Journalisten je nach dem geplanten Zweck der Veröffentlichung von Fotos die DSGVO beachten.

Fotos: Rechtsgrundlagen und Pflichten nach der DSGVO

Folge der Anwendbarkeit der DSGVO ist, dass sich die Zulässigkeit der Aufnahme und Veröffentlichung von Fotos zu gewerblichen un kommerziellen Zwecken nach Art. 6 DSGVO richten. Zudem treffen den Verantwortlichen auch Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO bzw. 14 DSGVO.

Rechtgrundlagen nach DSGVO für Aufnahme und Veröffentlichung von Fotos

Gem. Art. 6 Abs. 1 DSGVO dürfen personenbezogene Daten nur mit Einwilligung oder bei Vorliegen eines anderen in Art. 6 Abs. 1 DSGVO genannten Rechtfertigungsgrundes verarbeitet werden.

Vertragserfüllung

Ist die Anfertigung von Fotos einer Person oder mehrerer Personen ausdrücklicher Vertragszweck (Bewerbungsfotos, Modelshooting), kommt als Rechtsgrundlage Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO in Betracht.

Achtung: Ein Vertrag zwischen Veranstalter und Fotograf zur Eventfotografie ist keine Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung von Veranstaltungsfotos durch den Veranstalter oder teilnehmende Unternehmer. Da der Vertrag nicht mit der auf dem Foto abgebildeten Person geschlossen wurde.

Berechtigte Interessen

Sowohl das Fotografieren und die Veröffentlichung der Fotos lässt sich in vielen Fällen mit berechtigten Interessen gem. Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO rechtfertigen. Diese werden in Erwägungsgrund 47 DSGVO wie folgt erläutert:

Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung kann durch die berechtigten Interessen eines Verantwortlichen, auch eines Verantwortlichen, dem die personenbezogenen Daten offengelegt werden dürfen, oder eines Dritten begründet sein, sofern die Interessen oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen; dabei sind die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Personen, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen. 2Ein berechtigtes Interesse könnte beispielsweise vorliegen, wenn eine maßgebliche und angemessene Beziehung zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen besteht, z. B. wenn die betroffene Person ein Kunde des Verantwortlichen ist oder in seinen Diensten steht. 3Auf jeden Fall wäre das Bestehen eines berechtigten Interesses besonders sorgfältig abzuwägen, wobei auch zu prüfen ist, ob eine betroffene Person zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, vernünftigerweise absehen kann, dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird. 4Insbesondere dann, wenn personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet werden, in denen eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung rechnen muss, könnten die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das Interesse des Verantwortlichen überwiegen. 5Da es dem Gesetzgeber obliegt, per Rechtsvorschrift die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Behörden zu schaffen, sollte diese Rechtsgrundlage nicht für Verarbeitungen durch Behörden gelten, die diese in Erfüllung ihrer Aufgaben vornehmen. 6Die Verarbeitung personenbezogener Daten im für die Verhinderung von Betrug unbedingt erforderlichen Umfang stellt ebenfalls ein berechtigtes Interesse des jeweiligen Verantwortlichen dar. 7Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.

Insoweit ist jeweils eine umfassende Abwägung im Einzelfall zwischen den Interessen desjenigen, der die Fotos aufnimmt und veröffentlichen will und denjenigen, der auf den Fotos erkennbar abgebildet ist, erforderlich. Als berechtigte Interessen kommen neben künstlerischen oder dokumentarischen Zwecken auch kommerzielle Zwecke von Unternehmen in Betracht.

Daher ist auch die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zum Zwecke der Direktwerbung als berechtigtes Interesse grundsätzlich anerkannt. Insbesondere hier ist jedoch stets die Erforderlichkeit der jeweiligen Bildnutzung und die Erwartung der abgebildeten Person zu prüfen. So muss z.B. eine Kundin in einem Friseursalon nicht damit rechnen, dass ihr Besuch filmisch festgehalten und zur Bewerbung des Salons auf Social Media (Facebook) verwendet wird (LG Frankfurt a. M., Urteil vom 13.09.2018 – 2/3 O 283/18).

Auch Veranstaltungsfotos werden oft und gerne für Werbe- und Marketingzwecke verwendet. Auch hier kommt es auf die jeweilige Erwatung an. Daher ist zu prüfen, bei welcher Gelegenheit die Fotos aufgenommen wurden und wer bzw. wie viele Personen auf den Fotos abgebildet sind. Maßgeblich ist auch hier die Frage: Mit welchen Aufnahmen bzw. Veröffentlichungen müssen Teilnehmer der jeweiligen Veranstaltung rechnen. Wurden die Fotos z.B. auf öffentlichen Veranstaltungen aufgenommen, die öffentlich beworben wurden, müssen die Teilnehmer mit der Aufnahme von Fotos rechnen und ggf. auch mit einer externen Veröffentlichung von Veranstaltungsfotos. Wurden die Fotos dagegen auf einer geschlossenen Veranstaltung aufgenommen, dürfte lediglich eine interne Veröffentlichung von Veranstaltungsfotos zulässig sein; eine Veröffentlichung auf der Unternehmenswebseite oder auf Social Media dagegen nur mit Einwilligung.

Einwilligung

Scheitert der Rechtsgrundlage "Vertragserfüllung" bzw. "berechtigte Interessen" oder sind diese nicht sicher, muss und sollte eine Einwilligung eingeholt werden.

Eine bestimmte Form ist für die Einwilligung nicht erforderlich. Die Einwilligung kann daher auch konkludent, etwa durch ein Lächeln in die Kamera, erteilt werden. Da der Verantwortliche das Vorliegen einer Einwilligung jedoch im Zweifel beweisen muss, sollte die Einwilligung, wo möglich, schriftlich eingeholt werden. Dabei müssen Voraussetzungen des Art. 7 DSGVO eingehalten werden. Daher sind sowohl Zweck als auch geplante Veröffentlichungen so detailliert wie möglich anzugeben. Bei Minderjährigen ist (auch) die Einwilligung der Sorgeberechtigten erforderlich.

Egal, ob die Einwilligung konkludent oder ausdrücklich erteilt wird: Die auf dem Foto abgebildeten Personen müssen darauf hingewiesen werden, dass sie gem. Art. 7 Abs. 3 DSGVO das Recht haben, ihre Einwilligung jederzeit ohne Grund zu widerrufen. Daher ist die Einwilligung nach DSGVO mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Wird die Einwilligung widerrufen, müssen im Internet veröffentlichte Fotos sofort gelöscht oder der Betroffene unkenntlich gemacht werden.

Informationspflichten nach der DSGVO

Zudem sind auch alle weiteren Regelungen der DSGVO zu beachten. So hat der Verantwortliche insbesondere die in Art. 13 und Art. 14 DSGVO angeführten Informationspflichten zu beachten. Danach müssen die Betroffenen transparent, in geeigneter Weise und zum richtigen Zeitpunkt über die Datenverarbeitung informiert werden.

Zusätzlich haben Betroffene das Recht, der auf ein berechtigtes Interesse gestützten Datenverarbeitung zu widersprechen. Auch auf dieses Widerspruchsrecht muss der Verantwortliche deutlich hinweisen (Art. 21 DSGVO). Ebenso wie nach einem Widerruf, müssen nach einem Widerspruch im Internet veröffentlichte Fotos sofort gelöscht oder der Betroffene unkenntlich gemacht werden.

Verträge über Auftragsdatenverarbeitung

Schließlich ist zu beachten, dass von Unternehmen oder Veranstaltern engagierte externe Fotografen als Auftragsverarbeiter anzusehen sind. Dementsprechend ist mit diesem eine entsprechende Vereinbarung über die Auftragsverarbeitung zu schließen.

Zusammenfassung:

Bei der Veröffentlichung von Personenfotos ist Vorsicht geboten.Dies gilt insbesondere bei der Veröffentlichung von Personenfotos auf Social Media.

Bei der Prüfung, ob Personenfotos ohne Zustimmung der Abgebildeten genutzt werden dürfen, darf zudem nicht dabei stehen geblieben werden, ob ein berechtigtes Interesse vorliegt. Hinzukommen muss, dass die konkrete Art der Veröffentlichung für den jeweiligen Zweck auch unbedingt erforderlich ist.

Am sichersten ist daher immer noch die ausdrückliche Einwilligung, die jedoch nicht immer einholbar und zudem jederzeit widerrufbar ist. Insofern bleibt manchmal nur, auf das Vorliegen eines „berechtigten Interesses“ zu hoffen.