Zahlwort EINS auch in Alleinstellung als Wortmarke eintragungsfähig

Zahlwirt EINS als Marke eintragungsfähig

Das BPatG hat mit Beschluss vom 28.11.2019 entschieden, dass das Zahlwort EINS für diverse Dienstleistungen in den Klassen 35, 36 und 45 als Wortmarke eintragungsfähig ist. Insbesondere werde das Zahlwort EINS vom Verkehr nicht generell, unabhängig von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen, als ein Hinweis auf eine Spitzenstellung oder "sehr gute Leistung" angesehen.

Sachverhalt: Anmeldung EINS als Wortmarke für Dienstleistungen in Klasse 35, 36 und 45

Der Beschwerdeführer meldete das Zahlwort EINS für diverse Dienstleistungen in der Klasse 35 (u.a. Werbung, Marketing, Geschäftsführung), Klasse 36 (u.a. Versicherungs- und Immobiliendienstleistungen) und Klasse 45 (u.a. juristische Dienstleistungen) als Wortmarke beim DPMA an.

Das DPMA lehnte die Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft ab, da das Zeichen EINS ein Zahlwort sei, das zur Nummerierung verwendet werde und zugleich die Zeugnisnote „sehr gut“ darstelle. Mit dieser Bedeutung werde es in der Produktwerbung häufig als Bewertungsziffer für eine sehr gute Leistung, eine Spitzenstellung auf dem Markt oder die Nummer Eins eines Rankings verwendet.

Gegen die Ablehnung der Markeneintragung legte der Markenanmelder Beschwerde beim BPatG ein.

Entscheidung: Zahlwort EINS als Wortmarke in Klassen 35, 36 und 45 eintragungsfähig

Die Beschwerde hatte Erfolg. Nach Ansicht des BPatG fehlt dem Zahlwort EINS in Bezug auf die konkret beanspruchten Dienstleistungen weder die erforderliche Unterscheidungskraft noch handelt es sich um eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe.

Grundsätze bei der Prüfung der Unterscheidungskraft

Das BPatG wies darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BGH ein Zeichen nur bei Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden kann und bei der Prüfung der Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab anzulegen ist, so dass jede noch so geringe Unterscheidungskraft genügt. Zudem wies es darauf hin, dass für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen maßgeblich sind, andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist.

Zahlwörtern fehlt nicht von Haus aus jede Unterscheidungskraft

Sodann stellte das BPatG fest, dass Zahlen und Zahlwörtern nicht bereits von Haus aus jede Unterscheidungskraft fehlt. Vielmehr sei auch hier eine auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezogene Einzelfallbeurteilung unerlässlich, welche die Zahl branchenbedingt als schutzfähig oder nicht schutzfähig erscheinen lassen kann.

"Bei Zahlwörtern (…) ist maßgeblich, ob die benannte Zahl bzgl. der einschlägigen Waren und Dienstleistungen als Mengenangabe, Größenbezeichnung usw. von wesentlicher Bedeutung ist und auch für sich selbst (…) sachbezogen verstanden wird. In solchen Fällen kommt auch ein werbemäßig hervorgehobener beschreibender Gebrauch des entsprechenden Zahlworts in Betracht (…). Sofern diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, kann dagegen die Schutzfähigkeit von Zahlwörtern bejaht werden (…).“

Auch Zahlwort EINS in Alleinstellung fehlt nicht von Haus aus jede Unterscheidungskraft

In Bezug auf das Zahlwort EINS wies das BPatG darauf hin, dass dieses Zahlwort nach der Rechtsprechung des BGH nicht allgemein und unabhängig von dem konkreten Waren- oder Dienstleistungszusammenhang mit einer „Bewertungsziffer für eine sehr gute Leistung“ oder dem Hinweis auf eine „Spitzenstellung auf dem Markt“ gleichgestellt werden kann. Stattdessen sei auch hier eine Einzelfallbeurteilung zwingend geboten.

"In Bezug auf die die vorliegend konkret beanspruchten Dienstleistungen lässt sich aber (...) feststellen, dass das (…) Zahlwort EINS in Alleinstellung (…) branchenüblich als Sachbezeichnung verwendet oder eindeutig als Qualitätshinweis verstanden würde. Die Fundstellen der Markenstelle belegen dies nicht, da das Zahlwort „Eins“ hier stets mit einem Zusatz verwendet wird (z.B.: „Eins mit Sternchen“, „Nummer Eins“, „Platz Eins“), überdies fehlt es in vielen Fällen schon generell an einem merkmalsbeschreibenden Sachbezug (…). Auch eine ergänzende Internetrecherche des Senats hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass EINS in Alleinstellung in Zusammenhang mit den hier relevanten Dienstleistungen (...)  branchenüblich als Sach- oder Qualitätshinweis verwendet oder verstanden würde.

Somit bleibt das Zahlwort EINS in Alleinstellung im vorliegenden Dienstleistungszusammenhang in seinem Aussagegehalt unklar, weil für den Verkehr nicht auf Anhieb eindeutig erkennbar wird, was mit ihm zum Ausdruck gebracht werden soll (…).“

Zahlwort EINS in Alleinstellung auch keine beschreibende Angabe

Der Eintragung des Zeichen EINS in Alleinstellung steht daher auch nicht ein Freihaltungsbedürfnis entgegen,

"denn insoweit fehlt es vorliegend wie dargelegt an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunkten für die Annahme, dass der Verkehr alleine in der Kennzeichnung mit dem Zahlwort EINS die Inanspruchnahme einer Spitzenstellung für die in Rede stehenden Dienstleistungen sieht (…)."

BPatG, Beschluss vom 28.11.2019 – 30 W (pat) 515/18

Praxishinweis

Die Entscheidung des BPatG zeigt zunächst, dass es sich durchaus lohnt, eine zweite Runde zu drehen, d.h. eine ablehnende Entscheidung einer Markenabteilung durhc Beschwerde anzugreifen. Die Markenabteilungen sind mitunter schnell dabei, eine Markenanmeldung mit Verweis auf die (angeblich) fehlende Unterscheidungskraft oder ein Freihaltungsbedürfnis zurückzuweisen.

Die Entscheidung belegt zudem, dass Buchstaben und Zahlen nicht per se jegliche Unterscheidungskraft von Haus aus fehlt. Vielmehr ist auch bei Zahlen und Buchstaben in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise zu ermitteln.

Je nach dem in Bezug auf die konkreten Waren und Dienstleistungen ermittelten Verkehrsverständnis kann einer bestimmten Zahl dann tatsächlich die erforderliche Unterscheidungskraft fehlen. So hat der EuGH z. B. die Zahl „1000“ als beschreibende Angabe für Zeitschriften angesehen, da die Zahl „1000“ die Anzahl der Seiten oder Ranglisten und Sammlungen angeben könne. Das BPatG maß z.B. der Zahl „4“ für „Kraftfahrzeuge“ eine überragende Bedeutung für Angaben zu Hubraum, Verdichtung, Zylinder- und Ventilzahl, Bauart, Getriebe etc. bei. Ferner erschien dem BPatG die Zahl „128“ im IT-Bereich als Zweierpotenz (2 hoch 7) zur Beschreibung von Speichergröße, Bearbeitungsbreite etc. geeignet. Dagegen sah das BPatgG die Zahl „9000“ für diverse Dienstleistungen nicht als beschreibend an, weil „9000“ in Alleinstellung nicht ernsthaft als Preisangabe in Betracht komme, da Preise in der Regel zusammen mit einer Währungseinheit angegeben werden.