BPatG: Bezeichnungen von Kulturgütern mit herausragender Bedeutung nicht als Marke eintragungsfähig ("Neuschwanstein")

Das Bundespatentgericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Bezeichnungen für bedeutende Kulturgüter mit herausragender Bedeutung (hier "Neuschwanstein") als Marke eingetragen werden können - und verneinte dies.

Das Bundespatentgericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Bezeichnungen für bedeutende Kulturgüter mit herausragender Bedeutung (hier "Neuschwanstein") als Marke eingetragen werden können - und verneinte dies.

Sachverhalt


In dem Beschwerdeverfahren ging es um die beim DPMA für zahlreiche Waren und Dienstleistungen, u.a. "Veranstaltung von Reisen" und "Beherbergung von Gästen" eingetragene Wortmarke "Neuschwanstein".

Beim DPMA wurde die Löschung der Marke mit der Begründung beantragt, das Zeichen sei für die angemeldeten Waren/Dienstleistungen beschreibend und besitze keine Unterscheidungskraft. Der Markeninhaber, Eigentümer und Betreiber des Schlosses "Neuschwanstein" widersprach dem Löschungsantrag, die Markenabteilung des DPMA ordnete die Löschung der Marke an, da die Marke keine Unterscheidungskraft besitze (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Hiergegen legte der Markeninhaber Beschwerde ein.

Entscheidung

Das Bundespatentgericht bestätigte die Löschungsanordnung, da das Zeichen für einige Waren beschreibend (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) ist und generell keine Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) besitzt.

Beschreibend für "Veranstaltung von Reisen" und "Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Zeichen bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der (beanspruchten) Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dies sei vorliegend der Fall:


"Hiervon ausgehend besteht die Bezeichnung "Neuschwanstein" ausschließlich aus einer Angabe, welche geeignet ist, Merkmale der Dienstleistungen "Veranstaltung von Reisen; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen" zu beschreiben. Ein wesentliches Merkmal der "Veranstaltung von Reisen" ist das jeweilige Reiseziel, da hierdurch die Art, die Beschaffenheit bzw. die Bestimmung der Reisedienstleistungen angegeben wird. Durch das Wort "Neuschwanstein" wird das im 19. Jahrhundert im Auftrag von König Ludwig II. gebaute Schloss in Schwangau als Reiseziel eindeutig und ausschließlich bezeichnet. Typischerweise werden im Rahmen von Reisedienstleistungen zu bedeutenden Sehenswürdigkeiten auch "Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen" erbracht, so dass die Bezeichnung "Neuschwanstein" auch insoweit Merkmale dieser Dienstleistungen ihrer Art nach unmittelbar dahingehend beschreibt, dass diese in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Reise zum Schloss Neuschwanstein oder einem Besuch dieses Schlosses erbracht werden."

"Neuschwanstein" fehlt generell jegliche markenrechtliche Unterscheidungskraft

Ferner fehle der Bezeichnung für diese und die weiteren angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Keine Unterscheidungskraft besitzen Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet.

Da die Bezeichnung "Neuschwanstein" für die Dienstleistungen "Veranstaltung von Reisen" und "Beherbung von Gästen" beschreibend ist, fehlt ihr für diese naturgemäß auch jede Unterscheidungskraft.

Aber auch hinsichtlich der weiteren angemeldeten Waren fehle der Bezeichnung Unterscheidungskraft. Für die weiteren Waren sei die Bezeichnung zwar nicht beschreibend. Jedoch könne Unterscheidungskraft aus anderen Gründen auch solchen Angaben fehlen, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache bestehen, wobei diese Wörter - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden, so dass ihnen auch ohne unmittelbar beschreibenden Bezug zu bestimmten Produkten nicht die Eignung zukommt, diese Produkte ihrer betrieblichen Herkunft nach zu unterscheiden. Dies sei - so das Gericht - bei Bezeichnungen von bedeutenden Bauwerken der Fall:


"Denn zu Angaben, die stets nur als solche und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden, gehören nach Auffassung des Senats auch solche, die Bestandteile des kulturellen Erbes der Allgemeinheit bezeichnen. Zu solchen Angaben können z. B. die Namen berühmter historischer Personen zu zählen sein (...) . Nach Auffassung des Senats können dies aber auch die Bezeichnungen von Bauwerken oder Gegenständen sein, die zum nationalen kulturellen Erbe oder zum Weltkulturerbe gehören und von überragender Bedeutung sind. Unabhängig von den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen sind solche bedeutenden Kulturgüter zugleich auch ein Allgemeingut, welches einer markenrechtlichen Monopolisierung und damit auch Kommerzialisierung generell entzogen ist. Nach Auffassung des Senats wird der Verkehr in einem Begriff, der ein Bauwerk im oben genannten Sinne eindeutig bezeichnet, nur den Hinweis auf dieses Bauwerk erkennen. Es liegt für den Verkehr fern, in der Bezeichnung eines solchen Bauwerks, das in keiner Verbindung zu einem bestimmten Unternehmen steht, einen Hinweis auf eine betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen zu sehen. Damit die Verfügbarkeit von Bezeichnungen für eine markenmäßige Verwendung nicht über Gebühr eingeschränkt wird, sind Fälle der vorgenannten Art allerdings eng zu beschränken auf eindeutige und ausschließlich als solche verstandene Bezeichnungen von Kulturgütern mit herausragender Bedeutung, was in jedem Einzelfall gesondert festzustellen ist."

Fazit

Nach Aufassung des Bundespatentgerichts sind Bezeichnungen von Kulturgütern mit herausragender Bedeutung, die zum nationalen kulturellen Erbe oder zum Weltkulturerbe gehören einer markenrechtlichen Monopolisierung und Kommerzialisierung entzogen. Solche Bezeichnungen weisen regelmäßig auch ohne Sachbezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft auf und sind daher nicht als Marke eintragungsfähig.

Rechtsbeschwerde zugelassen


Das Bundespatentgericht hat jedoch die Rechtsbeschwerde zum BGH wegen der grundsätzlichen und für den allgemeinen Rechtsverkehr wesentlichen Bedeutung zu gelassen.

Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.11.2010, Az.: 25 W (pat) 182/09