Produktwerbung mit Angabe "Ähnlich ..." zulässig

Der BGH hat mit Urteil vom 02.04.2015 entschieden, dass die Werbung mit der Angabe, das Produkt sei "ähnlich" wie ein bestimmtes Markenprodukt für sich allein weder eine Markenverletzung noch eine unlautere Rufausnutzung darstellt.

Sachverhalt

Die Klägerin stellt Staubsaugerbeutel her, die sie unter der geschützten Marke "Swirl" vertreibt. Bei "Swirl" handelt es sich um eine bekannte Marke.

Die Beklagte handelt mit Staubsaugerbeuteln, die sie online vertreibt. Dabei bewarb sie ihre Produkte unter Hinweis auf die funktionell vergleichbaren Produkte der Klägerin u.a. mit folgenden Angebotsüberschriften:

"4 Vlies für AEG alternativ (ähnlich Swirl PH 86)"

Die Klägerin sah hierin eine Verletzung ihrer Markenrechte und eine unlautere Rufausnutzung und mahnte die Beklagte daher ab. Die Beklagte entfernte daraufhin die Zeichen der Klägerin aus den Angebotszeilen, gab eine nur eingeschränkte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und verweigerte die Zahlung von Abmahnkosten. Da die Klägerin die eingeschränkte Unterlassungserklärung nicht für ausreichend ansah, erhob sie Unterlassungs- und Zahlungsklage.

Entscheidung Vorinstanzen

Das Landgericht gab der Klage statt, das Oberlandesgericht wies die Klage ab. Hiergegen legte die Klägerin Revision beim Bundesgerichtshof ein.

Entscheidung Bundesgerichtshof

Die Revision hatte keinen Erfolg. Auch nach Ansicht des BGH handelt es sich bei der Werbung der Beklagten um eine marken- und wettbewerbsrechtlich zulässige vergleichende Werbung.

Keine Markenverletzung

Nach Ansicht des BGH ist die Klägerin als Markeninhaberin nicht berechtigt, einem Dritten die Benutzung eines mit ihrer Marke identischen oder ähnlichen Zeichens in einer vergleichenden Werbung zu verbieten, wenn die Werbung im Einklang mit § 6 UWG steht, also aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist.

Kein Wettbewerbsverstoß

Nach § 6 UWG ist vergleichende Werbung grundsätzlich erlaubt. Für eine wirksame vergleichende Werbung kann es unerlässlich sein, die Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers dadurch erkennbar zu machen, dass auf eine ihm gehörende Marke oder auf seinen Handelsnamen Bezug genommen wird. Eine solche Bezugnahme verletzt die fremde Marke dann nicht, wenn sie unter Beachtung bestimmter Bedingungen erfolgt und die fremde Marke verwendet wird, um auf den Bestimmungszweck des angebotenen Produkts hinzuweisen.

Der Vorwurf einer unlauteren Rufausnutzung ist daher nur dann begründet, wenn über die Nennung des Kennzeichens hinaus zusätzliche Umstände hinzukommen. Soweit keines der Unlauterkeitsmerkmale des § 6 Abs. 2 UWG vorliegt, ist eine vergleichende Werbung daher markenrechtlich zulässig. Solche Unterlauterkeitsmerkmale lagen nach Ansicht des BGH nicht vor.

"Zwar nutze die Beklagte durch Verwendung der Bezeichnung "Swirl" gezielt die Bekanntheit und den guten Ruf der Produkte der Klägerin aus. Die Angebote der Beklagten erschienen aufgrund der Verwendung der Bezeichnung "Swirl" in der Überschrift bei einem nach den Produkten der Klägerin suchenden Internetnutzer in vorderer Platzierung auf der Trefferliste. Außerdem stehe die Marke "Swirl" in der Öffentlichkeit für Qualitätsstaubsaugerbeutel, so dass sich die Beklagte deren besonderen Ruf zunutze mache, indem sie durch Verwendung des Adjektivs "ähnlich" die qualitative Vergleichbarkeit ihrer Produkte betone. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
Diese Ausnutzung des Rufs der Marke der Klägerin durch die Beklagte ist jedoch nicht unlauter. (...)

Die Verwendung einer fremden Marke in einem Internet-Verkaufsangebot, um Kunden, die sich einer Suchmaschine bedienen, auf das Produkt eines Wettbewerbers aufmerksam zu machen, stellt für sich allein noch keine unlautere Rufausnutzung dar (...). Die Unlauterkeit ergibt sich im Streitfall nicht daraus, dass die Beklagte für den Bestimmungszweck der von ihr vertriebenen Staubsaugerbeutel nicht auf Herstellermarken und Typenbezeichnungen von Staubsaugern Bezug nimmt, sondern auf die Marken und Artikelbezeichnungen der Klägerin, die selbst nur Staubsaugerbeutel als Zubehör für Staubsauger und keine Staubsauger herstellt. Zwar kann der Verbraucher die Kompatibilität eines bestimmten Staubsaugerbeutels für seinen Staubsauger auch mit der Information feststellen, zu welchem Staubsauger welchen Herstellers der jeweilige Staubsaugerbeutel passt. Je nach den Umständen des Einzelfalls mag ein berechtigtes Interesse fehlen, in einer Internetwerbung für einen Zubehörartikel die Marke eines konkurrierenden Zubehörherstellers zu nennen, wenn die legitime Funktion der vergleichenden Werbung, die Verbraucher objektiv zu informieren, schon durch einen Hinweis auf die Kompatibilität für das Produkt erfüllt werden kann, für das das Zubehör bestimmt ist. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor.

Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf die hohe Bekanntheit der Marke "Swirl" bei Staubsaugerbeuteln und die für den Verkehr damit verknüpfte Qualitätserwartung angenommen, viele Verbraucher suchten im Internet nach dem Produkt der Klägerin, von dem sie als einzigem wüssten, dass es für ihren Staubsauger passend sei. Aus dieser von der Revision nicht angegriffenen Feststellung folgt, dass eine erhebliche Zahl von Verbrauchern nur ausreichend über das Alternativangebot der Beklagten informiert werden kann, wenn deren Angebote in der Trefferliste bei der Suche nach Staubsaugerbeuteln der Klägerin angezeigt werden. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts steht mit der Lebenserfahrung in Einklang. Wenn viele Verbraucher ihren Ersatzbedarf an Staubsaugerbeuteln mit einem bestimmten Produkt der Klägerin decken, werden sie sich eher dessen Bezeichnung, die sie regelmäßig in Erinnerung behalten werden, merken als die Typenbezeichnung ihres Staubsaugers. Daher würde der Wettbewerb in erheblicher Weise beeinträchtigt, wenn der Beklagten verboten würde, bei Angeboten ihrer Staubsaugerbeutel die Marken der entsprechenden Staubsaugerbeutel der Klägerin zu verwenden. Es spricht nichts dafür, dass der Nachteil, der sich dabei für die Klägerin ergeben kann, die Vorteile überwiegt, die sich aus dieser Verhaltensweise für die Beklagte und für die Verbraucher sowie den Wettbewerb als solchen ergeben (...).

Die vergleichende Werbung der Beklagten ist nicht deshalb eine unlautere Rufausnutzung der Marken der Klägerin, weil an Konkurrenzprodukten interessierte Verbraucher sich ausreichend über die Angebote von Wettbewerbern der Klägerin informieren könnten, indem sie den Begriff "Staubsaugerbeutel" bei ihrer Suchmaschine eingeben.

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Umstand, dass viele Verbraucher Staubsaugerbeutel im Internet über die Marke und die geschützte Artikelbezeichnung der Klägerin suchten, beruhe schlicht auf deren Unkenntnis vom Vorhandensein gleichwertiger Angebote anderer Unternehmen oder auf einem für eine aufwendigere Suche über die Typenbezeichnung des Geräts nicht genügenden Interesse an solchen Angeboten. Entgegen der Ansicht der Revision widerspricht diese Beurteilung nicht der Lebenserfahrung. Auch wenn, wie die Revision meint, dem Verbraucher die Existenz verschiedener Hersteller von Staubsaugerbeuteln auf dem Markt bekannt ist, folgt daraus nicht, dass er eine Alternative für den von ihm benötigten, zu seinem Staubsauger passenden Staubsaugerbeutel der Klägerin kennt. Durch die schlichte Eingabe etwa des Begriffs "Staubsaugerbeutel" allein lässt sich der passende Beutel nicht finden. Unter diesen Umständen ist die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, solche Verbraucher seien durchaus am Erwerb von Konkurrenzprodukten interessiert, wenn sie ihnen bei ihrer routinemäßigen Suche nach dem für ihr Gerät passenden Produkt der Klägerin ohne zusätzlichen Aufwand präsentiert würden.

Die Interessen dieser Verbrauchergruppe sind schützenswert. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die vergleichende Werbung den Verbrauchern die Möglichkeit geben soll, aus dem Binnenmarkt größtmöglichen Vorteil zu ziehen (...).

Anders als die Revision meint, ergibt sich aus § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG ebenfalls keine Unlauterkeit der vergleichenden Werbung der Beklagten. Nach dieser Bestimmung ist eine vergleichende Werbung unlauter, wenn der Vergleich eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt.

Die Klägerin hat zwar behauptet, die in den Angeboten der Beklagten gebrauchten Angaben "ähnlich wie" oder "wie" reichten für eine Imitations- oder Nachahmungsbehauptung aus. Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Formulierung "ähnlich" oder "wie" im Allgemeinen aber nicht schon als implizite Behauptung einer Imitation oder Nachahmung angesehen werden. Vielmehr erfordert es eine Beurteilung des jeweiligen Angebots im Einzelfall, ob darin nur eine zulässige Gleichwertigkeitsbehauptung liegt oder eine von § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG erfasste implizite Imitations- oder Nachahmungsbehauptung (...).

Die Klägerin hat keine Umstände dafür vorgetragen, dass die beanstandete Werbung der Beklagten eine klare und deutliche, über eine bloße Gleichwertigkeitsbehauptung hinausgehende Imitationsbehauptung darstellt (...). Solche Umstände sind auch nicht ersichtlich. Darin, dass die Beklagte sich nicht auf die Marken und Typenbezeichnungen der Hersteller beschränkt, sondern vergleichend auf die Produkte der Klägerin Bezug nimmt, liegt noch keine Imitations- oder Nachahmungsbehauptung. Vielmehr handelt es sich dabei lediglich um eine im Rahmen der grundsätzlich zulässigen vergleichenden Werbung erforderliche Angabe (...).

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass das Verbot des § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG restriktiv auszulegen ist (...)."

BGH, Urteil vom 02.04.2015, Az.: I ZR 167/13