Spekulierende Berichterstattung über Liebesbeziehung zulässig

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Bild von Michael Zimmermann auf Pixabay

Der BGH hatte zu entscheiden, ob die Presse über eine Liebesbeziehung eines Prominenten spekulieren darf. Die Berichterstattung betraf Luke Mockridge und seine damalige Freundin, in der über die damals noch nicht öffentliche Beziehung der beiden spekuliert wurde. Der BGH hielt die Berichterstattung für zulässig, da Mockridge ausreichend Anlass dafür gegeben habe, dass sich die Öffentlichkeit mit seinem Privatleben und Liebesleben befasse. So habe er entsprechende Interviews gegeben und Urlaubsfotos auf seinem Instagram-Account gepostet. Daher überwiege das Öffentlichkeitsinteresse.

Sachverhalt: BILD-Zeitung spekuliert über Liebesbeziehung eines Prominenten

Der Kläger, ein bekannter Komiker und TV-Moderator, war  zum Zeitpunkt der beanstandeten Berichterstattung mit seiner neuen Freundin liiert, die u.a. auf Social Media als "Sexbloggerin" auftrat. Beide verbrachten Anfang Januar 2018 einen gemeinsamen Urlaub in Südafrika, von dem sie auf ihren jeweiligen Instagram-Accounts zeitgleich Fotos veröffentlichten. Die Beziehung der beiden war noch nicht öffentlich.

Der Kläger wehrte sich gegen eine Berichterstattung der BILD-Zeitung, in der unter Nennung seines vollen Namens über seine Liebesbeziehung spekuliert wurde. Konkret hieß es in der BILD-Zeitung:

[X]: Liebt er Sex-Bloggerin [Y]?

Liebes-Geheimnis gelüftet! Offiziell ist Comedian X seit Jahren single.
Dennoch ranken sich immer mal wieder Pärchen-Gerüchte um den 28-Jährigen. Bei dem Neusten geht es um Sex-Bloggerin Y.
Ein Foto-Fauxpas macht es nun unmöglich, seine Liebe zu [Y] noch zu leugnen.
Die verräterischen Bilder seht ihr im VIDEO!

LAUT FREUNDEN SIND DIE SEX-BLOGGERIN UND [X] EIN PAAR
Aus dem Freundeskreis heißt es laut “Bild“ jedoch, dass die beiden bereits länger ein Paar sind. Offiziell ist der Comedian single - noch. Einmal witzelte er gegenüber dem Blatt sogar: “Ich gehöre zu der großen Generation der Mittzwanziger, die beziehungsunfähig ist.“

[Y] verriet vor kurzem in einem Podcast jedoch: “Ich habe seit Monaten sehr viel unfassbar guten, vielleicht sogar den besten Sex mit ein und derselben Person. Jemand, den ich gern mag."

Der Kläger war der Ansicht, dass durch diese spekulative Text- und Bildberichterstattung sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei.
In den Vorinstanzen war der Kläger auch erfolgreich. Das LG Berlin gab seiner Klage gegen die BILD statt. Das KG wies die Berufung von BILD zurück. Vor dem BGH musste Mockridge nun jedoch eine Schlappe einstecken.

BGH: Zulässigkeit der spekulativen Berichterstattung über Liebesleben Prominenter

Der BGH hält die Berichtserstattung für rechtmäßig. Entgegen der Ansicht des Klägers und der Vorinstanzen sei das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt worden, denn es bestünde ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Berichtserstattung.

Wer über sein Liebesleben öffentlich plaudert, muss spekulierende Berichterstattung hinnehmen

Zur Begründung verwies der BGH darauf, dass der Kläger sich in der Vergangenheit selbst wiederholt öffentlich zu einer Liebesbeziehung zu einer Frau und seinem Liebesleben geäußert habe:

"Dieses Informationsinteresse an einer Liebesbeziehung mit Y begründete der Kläger durch sein eigenes Verhalten (...).

Zunächst äußerte er sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in der Vergangenheit mehrfach öffentlich bezüglich einer Beziehung zu einer Frau. Dabei stellte er seinen Status als Single in den Vordergrund und erklärte sich zu Vorstellungen und Wünschen hinsichtlich einer möglichen Partnerin.

Außerdem äußerte er, dass er in seinem Leben nur zweimal in einer festen Beziehung gewesen sei, dass beim ersten Mal seine Freundin die Beziehung beendet habe und beim zweiten Mal sein beruflicher Erfolg der Auslöser für das Ende der Beziehung gewesen sei. Das Landgericht, auf dessen Feststellungen das Berufungsgericht Bezug genommen hat, verweist insoweit konkret auf zwei mit dem Kläger geführte Interviews. (...)

Darauf nimmt die Beklagte in ihrer Berichterstattung ausdrücklich Bezug ("Einmal witzelte er gegenüber dem Blatt sogar: ‚Ich gehöre zu der großen Generation der Mittzwanziger, die beziehungsunfähig ist."). In dem am 18. Februar 2017 veröffentlichten Interview äußerte der Kläger unter anderem:"

Wer selbst Urlaubsfotos auf Social Media postet, muss Bildberichterstattung hinnehmen

Auch die Bildberichterstattung stufte der BGH als zulässig ein. Insofern verwies der BGH darauf, dass der Kläger die Urlaubsfotos auf Instagram gepostet habe und er daher auch insoweit nicht schutzwürdig sei:

"Einen weiteren Anlass zur Befassung auch mit diesem Teil seines Privatlebens gab der Kläger durch die Wiedergabe von Urlaubsfotos auf seinem Instagram-Account.

Dadurch ermöglichte er nicht nur Einblicke in seine Lebensgestaltung, die der Öffentlichkeit ansonsten verschlossen gewesen wären. Die Wiedergabe von Urlaubsfotos auf dem Instagram-Account des Klägers war darüber hinaus geeignet, Interesse an den abgebildeten Vorgängen zu wecken und die nähere Beschäftigung damit herauszufordern.

Daher lag es - was letztlich auch die darauf zurückzuführende Berichterstattung zeigt - zumindest nicht fern, dass bei einer vergleichenden Betrachtung der zeitgleich auf dem Instagram-Account von Y veröffentlichten Urlaubsfotos - wie vom Berufungsgericht festgestellt - zweimal eine Ähnlichkeit des abgebildeten Ortes zu erkennen ist und einmal sogar auf dieselbe Örtlichkeit geschlossen werden kann. Dies führt zwanglos zur Frage, ob der Kläger und Y gemeinsam einen Urlaub verbrachten und wie ihr Verhältnis zueinander ist."

BGH, Urteil vom 02.08.2022, VI ZR 26/21