DSGVO: Veröffentlichung von Personenfotos auf Facebook

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Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Die Veröffentlichung von Fotos im Internet und auf Social Media ist nicht nur beliebt, sondern birgt auch rechtliche Risiken. So müssen sich auch Gerichte immer öfter mit Streitigkeiten wegen der Veröffentlichung von Fotos auf Social Media beschäftigen. So jüngst auch das OVG Lüneburg wegen der Veröffentlichung eines bei einer öffentlichen Veranstaltung in Form eines Ortstermins aufgenommenen Gruppenfotos auf dem Facebook Account eines Ortsvereins einer politischen Partei. Auf diesem Gruppenfoto waren Anwohner erkennbar, die an dem Ortstermin teilgenommen hatten. Ein Ehepaar beschwerte sich bei der zuständigen Datenschutzbehörde, diese verwarnte daraufhin den Ortsverein. Dagegen ging der Ortsverein vor - erfolglos. Auch die Gerichte stuften die Veröffentlichung des Gruppenfotos auf Facebook als Verstoß gegen die DSGVO ein.

Politischer Ortsverein veröffentlicht Personenfoto einer öffentlichen Veranstaltung auf Facebook

Der klagende Ortsverein führte 2014 eine öffentliche Veranstaltung in Form eines Ortstermins durch, bei der es um den Bau einer Ampelanlage ging. An dieser Veranstaltung nahmen ca. 70 Personen teil, darunter zahlreiche Anwohner sowie Vertreter des Ortsvereins und Mitarbeiter der Kommunalverwaltung. Unter den Teilnehmern befanden sich auch die Eheleute F. Über die Veranstaltung wurde auch in der örtlichen Presse mit Texten und Bildern berichtet, die teilweise auch noch aktuell im Internet verfügbar sind. Auf einem von einem Veranstaltungsteilnehmer aufgenommenen Foto, auf dem insgesamt ca. 30 bis 40 Personen zu sehen sind, sind u.a. auch die Eheleute F sowie der Vorsitzende des Klägers erkennbar. Der Vorsitzende des Klägers steht dabei in der Mitte eines aus den weiteren Personen geformten Halbkreises.

Nachdem 2018 mit dem Bau der Ampelanlage begonnen worden war, veröffentlichte der Kläger im September 2018 auf seiner frei einsehbaren Facebook Fanpage das streitgegenständliche Gruppenfoto. Unterhalb dieses Fotos postete er in gleicher Größe wie das streitgegenständliche Foto ein aktuelles Lichtbild der Straße. Im Vordergrund dieses zweiten Bildes war eine Baustelle erkennbar. Über den beiden Fotos befand sich folgender Text:

„Zwischen den Fotos liegen vier Jahre, in denen die Anwohner die Hoffnung auf eine Realisierung der Ampel an der D. -Straße in C. nicht aufgegeben haben. Jetzt wird das Projekt endlich umgesetzt. Eine gute Maßnahme zur Verbesserung der Verkehrssicherheit“

Abgebildete verlangen Löschung und beschweren sich bei Datenschutzbehörde

Das Ehepaar F. wurde 2018 von Arbeitskollegen auf das Gruppenfoto auf Facebook hingewiesen. Diese verlangten daraufhin von dem Ortsverein die Löschung. Zudem beschwerten sie sich bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde, die daraufhin ein aufsichtsbehördliches Prüfverfahren. Sowohl gegenüber dem Ehepaar als auch gegenüber der Datenschutzbehörde vertrat der Ortsverein die Ansicht, dass die Veröffentlichung des Gruppenfotos auf Facebook datenschutzrechtlich zulässig sei, da er sich insoweit auf berechtigte Interessen berufen könne. Daraufhin wurde der Ortsverein datenschutzrechtlich verwarnt. Gegen die Verwarnung erhob der Ortsverein Klage vor dem Verwaltungsgericht Hannover. Dieses wies die Klage ab. Auch die Berufung vor dem OVG Lüneburg blieb erfolglos.

Veröffentlichung von Personenfotos auf Facebook ist „Verarbeitung persönlicher Daten“

Das OVG stellte zunächst klar, dass die Veröffentlichung eines Fotos auf Facebook, auf dem einzelne Personen identifizierbar sind, eine „Verarbeitung persönlicher Daten“ im Sinne der DSGVO darstellt. Nach Art. 6 DSGVO ist eine Verarbeitung nur zulässig, wenn die Betroffenen eine Erlaubnis erteilt haben oder eine der in Art. 6 DSGVO angeführten Voraussetzungen vorliegt. Der Ortsverein berief sich auf das Vorliegen berechtigter Interessen gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist eine Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine zentrale Abwägungsnorm in der Datenschutz-Grundverordnung

Veröffentlichung diente zwar berechtigten Interessen, ….

Das Gericht bejahte zwar, dass die Veröffentlichung des Gruppenfotos auf der Facebook Fanpage des Ortsvereins berechtigten Interesse diente:

"Unter dem Begriff der berechtigten Interessen i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGO sind „die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person“ (…), also sämtliche rechtlichen, wirtschaftlichen oder ideellen Interessen zu verstehen (…). Vorliegend diente die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos auf der Fanpage bei Facebook dazu, über die parteipolitischen Aktivitäten des Klägers und ihre Erfolge zu informieren und damit - jedenfalls mittelbar - auch an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Dieses Anliegen stellt ein berechtigtes Interesse i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO dar.“

Aber Veröffentlichung auf Social Media ohne Verpixelung nicht erforderlich

Allerdings war die konkrete Art der Veröffentlichung nicht erforderlich. Zwar müssen Teilnehmer an einer öffentlich angekündigten Veranstaltung damit rechnen, dass dort auch Fotos gemacht werden, die später auch veröffentlicht werden. Die darin liegende konkludente Einwilligung in die Veröffentlichung von Fotos beschränke sich jedoch ausschließlich auf die Presseberichterstattung, nicht aber auf die Veröffentlichung in Sozialen Medien. Aufgrund der großen Reichweite von Social Media (insbesondere Facebook) und bestehender Missbrauchsmöglichkeiten überwiegen nach Ansicht des Gerichts die Interessen des erkennbar abgebildeten Ehepaars das Interesse des Ortsvereins an der Veröffentlichung des Bildes auch auf Facebook. Diese hätte das Ehepaar (und ggf. weitere Anwohner) auf dem Gruppenfoto verpixeln können.

"Die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos war jedoch nicht erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Der in der Datenschutz-Grundverordnung nicht gesondert definierte Begriff der Erforderlichkeit ist unter Berücksichtigung von Erwägungsgrund 39 Satz 9 DS-GVO dahingehend auszulegen, dass die Erforderlichkeit zu bejahen ist, wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann (…). Im Gegensatz zu den weit auszulegenden „berechtigten Interessen“ ist der Begriff der Erforderlichkeit eng auszulegen (…). Zur Bejahung der Erforderlichkeit reicht somit weder eine bloße Zweckdienlichkeit oder eine bestmögliche Effizienz der Datenverarbeitung, noch kann die Erforderlichkeit allein damit begründet werden, dass es sich bei der beabsichtigten Datenverarbeitung um die aus Sicht des Verantwortlichen wirtschaftlich sinnvollste Alternative handelt (…). Kann das Ziel einer Datenverarbeitung auch durch die Verarbeitung anonymisierter Daten erreicht werden, ist eine unanonymisierte Verarbeitung nicht erforderlich (…).

Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos durch den Kläger bei Facebook nicht erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO war. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass es vorliegend zur Wahrung der berechtigten Interessen des Klägers nicht darauf ankomme, dass gerade die Eheleute F. als solche in einen spezifischen Kontext zur politischen Tätigkeit des Klägers gesetzt würden, sondern es dem Kläger nur darum gegangen sei, zu dokumentieren, dass das Thema, für das er sich politisch eingesetzt habe, eine größere Anzahl von Personen interessiere. In diesem Fall reiche es aus, das streitgegenständliche Foto unter Unkenntlichmachung der abgebildeten Personen, z.B. durch Verpixelung der Gesichter, zu verwenden.“

Keine journalistischen Privilegien gem. Art. 85 Abs. 2 DSGVO für Facebook-Veröffentlichungen

Auch den Einwand des Ortsvereins, er könne sich auf die Privilegierung des Art. 85 Abs. 2 DSGVO stützen, so dass vorliegend nicht die DSGVO, sondern nur das KUG Anwendung finde, wies das Gericht zurück. Ebenso wie das VG geht auch das OFG davon aus, dass die Veröffentlichung des Fotos auf der Facebook Fanpage keine „journalistische Tätigkeit“ im SInne von Art. 85 Abs. 2 DSGVO darstellte, da mit der Facebook Fanpage keine ausschließlich journalistischen Zwecke verfolgt würden, wie es für diese Ausnahmeregelung notwendig sei. Insoweit führte das Gericht wie folgt aus:

"Die Spezifizierungsklausel des Art. 85 Abs. 2 DS-GVO kann (…) nur dann zur Anwendung gelangen, wenn es sich im konkreten Einzelfall um eine Verarbeitung zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken handelt (…). Zwar ist der Begriff der journalistischen Zwecke (…) weit zu verstehen; er ist insbesondere weder auf bestimmte Medien noch auf bestimmte Formen journalistischer Tätigkeiten beschränkt (…). Allerdings liegen journalistische Zwecke (nur) dann vor, wenn die Verarbeitung im Zusammenhang mit der journalistisch-redaktionellen und damit meinungsrelevanten Tätigkeit eines Medienakteurs steht (…). Demgegenüber enthält Art. 85 Abs. 2 DS-GVO kein allgemeines Meinungsprivileg und findet somit nicht auf alle Meinungsäußerungen im Internet Anwendung (…). Ebenso wenig bedeutet das weite Begriffsverständnis, dass Journalismus stets allein schon deshalb anzunehmen ist, weil sich jemand mit Informationen an die Öffentlichkeit wendet (…). Folglich fällt auch nicht jegliche im Internet veröffentlichte Information, die sich auf personenbezogene Daten bezieht, unter den Begriff der journalistischen Tätigkeit (…). Zudem gilt die Privilegierung (…) nur für solche Tätigkeiten, die „ausschließlich“ zu journalistischen Zwecken erfolgen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos durch den Kläger bei Facebook nicht (ausschließlich) journalistischen Zwecken i.S.d. Art. 85 Abs. 2 DS-GVO diente. Auch bei einer Gesamtbetrachtung des aus dem streitgegenständlichen Foto, dem weiteren Foto von der Baustelle sowie der textlichen Überschrift bestehenden Posts lässt sich nicht feststellen, dass diese Veröffentlichung ausschließlich journalistischen Zwecken diente. Vielmehr diente die Veröffentlichung des Posts dazu, auf die parteipolitischen Aktivitäten des Klägers und ihre Erfolge aufmerksam zu machen. Daran ändert auch der (...) Hinweis des Klägers darauf nichts, dass mit der Veröffentlichung des Posts auch meinungsbildende Zwecke verfolgt wurden. Denn der bloße Umstand, dass eine Datenveröffentlichung auch einen Informationswert für die öffentliche Meinungsbildung hat bzw. ein Ausdruck einer persönlichen Ansicht ist, macht aus der Datenveröffentlichung noch keine journalistische Tätigkeit i.S.d. Art. 85 Abs. 2 DS-GVO (…). Soweit der Kläger darauf verweist, dass mit einer Tätigkeit mehrere Ziele verfolgt werden könnten und hier neben der Mitwirkung an der Willensbildung auch journalistische Zwecke verfolgt worden seien, rechtfertigt dies (...) keine andere Beurteilung. Denn die fragliche Datenverarbeitung muss, wie ausgeführt, ausschließlich journalistischen Zwecken dienen. Dass die streitgegenständliche Veröffentlichung bei Facebook ausschließlich journalistischen Zwecken diente, ist weder vom Kläger vorgetragen noch sonst für den Senat ersichtlich.“

OVG Lüneburg, Beschluss vom 19.01.2021, AZ: 11 LA 16/20

Praxishinweis:

Dieses Urteil belegt einmal mehr, dass bei der Veröffentlichung von Personenfotos höchste Vorsicht geboten ist. Dies gilt insbesondere bei der Veröffentlichung von Personenfotos auf Social Media. Es mag sein, dass die Veröffentlichung von Personenfotos in der aktuellen Presse-Berichterstattung zulässig ist, nicht jedoch auf Social Media, schon gar nicht Jahre später.

Wie das Urteil zudem belegt, darf bei der Prüfung, ob Personenfotos ohne Zustimmung der Abgebildeten genutzt werden dürfen, nicht dabei stehen geblieben werden, ob ein berechtigtes Interesse vorliegt. Hinzukommen muss, dass die konkrete Art der Veröffentlichung für den jeweiligen Zweck auch unbedingt erforderlich ist. Ist der Zweck der Veröffentlichung auch durch eine anonymisierte Nutzung des Fotos erreichbar, sind die auf dem Foto Abgebildeten zu verpixeln. Dies gilt jedenfalls bei der Nutzung von Personenfotos in Beiträgen auf Social Media, die für jedermann und zudem dauerhaft einsehbar sind.