Abmahngefahr: Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben

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Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

Wegen des hohen Schutzgutes der Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung und der hohen Werbewirksamkeit gesundheitsbezogener Angaben werden an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit von gesundheitsbezogenen Werbeaussagen strenge Anforderungen gestellt. Erfahren Sie nachstehend, was bei der Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben zu beachten ist.

I. Sondergesetzliche Irreführungsverbote

Die hohe Bedeutung der Gesundheit veranlasste den Gesetzgeber im Arzneimittelgesetz (AMG), im Heilmittelwerbegesetz (HWG), im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFBG) und der Kosmetik-Verordnung (Kosmetik-VO) sondergesetzliche Irreführungsverbote vorzusehen. Da diesen Verbote Marktverhaltensregeln im Sinne von § 3 a UWG sind, liegt bei einem Verstoß gegen diese sondergesetzlichen Vorschriften zugleich ein wettbewerbswidriges Handeln vor.

1. Irreführungsverbot im Arzneimittelgesetz (AMG)

Nach § 8 Abs. 1 AMG ist es u.a. verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn „Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben“ oder „fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten“.

2. Irreführungsverbot im Heilmittelwerbegesetz (HWG)

Das HWG findet Anwendung u.a. bei der Werbung für Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier bezieht.

Nach § 3 HWG ist irreführende Werbung unzulässig. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn „Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben“ oder wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass „ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann“ oder „bei bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten“.

So ist z.B. die Werbung für einen 8-wöchigen Bauchkurs mit dem Versprechen, dass die Teilnehmer bei genauer Befolgung der Anweisungen einfach und leicht, spielerisch und schnell sowie ohne Hungergefühl 15 Pfund am Bauch abnähmen, untersagt worden, da der Werbende die Richtigkeit dieser Erfolgsaussage nicht mit einer wissenschaftlichen Absicherung belegen konnte (OLG Bamberg Urteil vom 28.3.2007, 3 U 252/06).

Ferner wurde z.B. die Werbung für das Kryolipolyse-Verfahren mit Angaben wie „Fettreduktion durch Kälte“ oder „Schlank durch Kälte“ untersagt, da nicht nachgewiesen wurde, dass Kältebehandlung zur Fettreduktion führt (OLG München, Urteil vom 14.01.2016, 29 U 2609/15). In diesem Urteil wies das Gericht darauf hin, dass gesundheitsbezogene Werbung nicht nur dann vorliegt, wenn das angestrebte Ziel der Behandlung gesundheitsbezogen ist, sondern auch, wenn ästhetische Ziele durch Maßnahmen erreicht werden sollen, die in die körperliche Integrität eingreifen und dadurch Gesundheitsbezug haben.

3. Irreführungsverbot in der Kosmetik-Verordnung

Welche Regeln beim Inverkehrbringen von Kosmetika zu beachten sind, ist in der am 11.7.2013 in Kraft getretenen EU-Kosmetik-Verordnung geregelt, die § 27 LFGB abgelöst hat, der bis dato das Inverkehrbringen von Kosmetika unter irreführender Bezeichnung verbot.

Nach Art. 20 Abs. der KosmetikVO dürfen in der Werbung für Kosmetika keine Texte, Bezeichnungen, Warenzeichen, Abbildungen und andere bildhafte oder nicht bildhafte Zeichen verwendet werden, die Merkmale oder Funktionen vortäuschen, die die betreffenden Kosmetikprodukte nicht besitzen. Hier kann sich allerdings eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung - anders als bei gesundheitsbezogener Werbung (siehe nachstehend) - auch aus einer einzelnen Arbeit ergeben, sofern diese auf überzeugenden Methoden und Feststellungen beruht (BGH, GRUR 2010, 359; GRUR 2016, 418).

4. Generelles Werbeverbot mit krankheitsbzogenen Aussagen bei Lebensmitteln nach LFBG

Für Lebensmittel darf gem. § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB unabhängig von einer Irreführungsgefahr nicht mit krankheitsbezogene Aussagen geworben werden, d.h. mit Angaben, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen.

II. Unternehmer muss Richtigkeit gesundheitsfördernder Wirkangaben nachweisen

Es versteht sich von selbst, dass mit gesundheitsbezogenen, insbesondere gesundheitsfördernden Wirkangaben nicht geworben werden darf, wenn es überhaupt keine wissenschaftlichen Belege für die Richtigkeit dieser Wirkungsangaben gibt. Als wissenschaftliche Absicherung kommen nach der Rechtsprechung nur Studienergebnisse in Betracht, die nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet worden sind. Dies setzt in der Regel die Durchführung einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung voraus, die durch die Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist (BGH GRUR 2013, 649).

Sofern die Studien, die für den Nachweis der behaupteten Wirkweisen herangezogen werden, diesem Anforderungen nicht genügen, muss der Werbende in der Werbung deutlich auf die eingeschränkte wissenschaftliche Aussagekraft der zum Nachweis der Wirkungsangaben herangezogenen Studien hinweisen.

Zu beachten ist jedoch, dass mit gesundheitsfördernden Angaben auch dann nicht geworben werden darf, wenn die Wirkung wissenschaftlich umstritten ist, sofern in der Werbung nicht auf die Gegenmeinung hingewiesen wird (BGH GRUR 2013, 649). Selbst eine bedeutende Mindermeinung reicht als Absicherung nicht aus; auch in diesem Fall muss auf in der Werbung darauf hingewiesen werden, dass nur eine Mindermeinung die Richtigkeit der Wirkungsangabe belegt. Mit dieser Begründung wurden z. B. Werbeangaben für ein kinesiologische Behandlungsverfahren untersagt (OLG Hamm, Urteil vom 20.5.2014, 4 U 57/13).

Verfügt der Werbende über wissenschaftliche Studien, die die Richtigkeit der von ihm in der Werbung verwendeten gesundheitsbezogenen Wirkungsangaben belegen, ist es an dem Gegner darzulegen und zu beweisen, dass die aus den Studien gezogenen Schlüsse unvertretbar sind.