Formelle Anforderungen an Abmahnung im Wettbewerbsrecht

formelle Anforderungen an wettbewerbsrechtliche Abmahnung

Das Landgericht München hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung nur wirksam ist, wenn darin für den Fall der Nichtabgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausdrücklich gerichtliche Schritte angedroht werden.

Sachverhalt: Abmahnung wegen irreführendem Angebot mit Branchenbucheintrag

Die Beklagte versandte an den Kläger ein als Werbeschreiben getarnten Auftrag über einen kostenpflichtigen Branchenbucheintrag. Der Kläger war der Ansicht, bei diesem Werbeschreiben handele es sich um belästigende und irreführende Werbung. Die Zusendung des wettbewerbswidrigen Lockschreibens verletze daher sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Daher ließ der Kläger die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben zur Unterlassung der weiteren Zusendung von Werbeschreiben ohne seine Zustimmung und zur Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung auffordern. In der Abmahnung fehlte jedoch der ausdrückliche Hinweis, dass für den Fall, dass keine Unterlassungserklärung abgegeben wird, eine gerichtliche Geltendmachung erfolgen würde.

Da die Beklagte keine Unterlassungserklärung abgab, erhob der Kläger Unterlassungsklage. Der Beklagte anerkannte die Ansprüche nach Klagezustellung, wehrte sich jedoch gegen die Auferlegung der Kosten des Klageverfahrens. Er wandte in diesem Zusammenhang u. a. ein, die wettbewerbsrechtliche Abmahnung des Klägers sei wegen des fehlenden Hinweises auf die gerichtliche Geltendmachung für den Fall der Nichtabgabe einer Unterlassungserklärung unwirksam gewesen. Aufgrund seines sofortigen Anerkenntnisses habe die Klägerin daher gem. § 93 ZPO die Kosten des Klageverfahrens zu tragen, da er keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben habe. Ein solcher fehle regelmäßig bei fehlender bzw. unwirksamer vorheriger Abmahnung.

Urteil: Abmahnung wegen Abzocke mit Branchenbucheintrag wirksam

Das Landgericht München legte dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auf, da es die wettbewerbsrechtliche Abmahnung des Klägers für wirksam hielt.

UWG-Abmahnung muss keine Unterlassungserklärung beigefügt werden

Unschädlich sei zunächst, dass der Abmahnung kein Entwurf einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beigefügt war.

"Grundsätzlich muss nach wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen eine Abmahnung mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, welches konkrete Verhalten beanstandet wird, damit der Schuldner weiß, was genau für den Gläubiger den „Stein des Anstoßes" bildet (...). Dabei muss die Abmahnung dem Schuldner den Weg weisen, wie er sich zu verhalten hat, damit ein Prozess vermieden wird (...). Der Gläubiger muss den Schuldner daher zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern, wobei es nicht erforderlich ist, dass er dem Schuldner mit der Abmahnung die abzugebende Erklärung bereits vorformuliert zuschickt (...). Auch ist es unschädlich, wenn der Gläubiger eine weitergehende Unterlassungserklärung fordert, als ihm zusteht; vielmehr ist es Sache des Schuldners, aufgrund der Abmahnung die zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr erforderlich Erklärung abzugeben (...). Insoweit hätte es der Beklagten oblegen, die zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr erforderliche strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben."

UWG-Abmahnung muss keine ausdrückliche Klageandrohung enthalten

Unschädlich sei ferner, dass die Abmahnung für den Fall, dass keine Unterlassungserklärung abgegeben würde, keinen ausdrücklichen Hinweis auf die gerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs enthielt. Eines ausdrücklichen Hinweises bedarf es in der Abmahnung nicht, vielmehr kann sich dies auch aus den näheren Umständen ergeben:

"Unschädlich ist weiterhin, dass in der Abmahnung (...) nicht ausdrücklich erklärt wurde, dass die Klägerin gegen die Beklagte gerichtlich vorgehen werde, wenn diese die geforderte Unterwerfungserklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist abgebe. Zwar muss der Gläubiger dem Schuldner grundsätzlich zu erkennen geben, dass er gegen diesen gerichtlich vorgehen wird, wenn er die geforderte Unterwerfungserklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist abgibt (...). Diesbezüglich bedarf es aber keines ausdrücklichen Hinweises, um deutlich zu machen, dass gerichtliche Schritte eingeleitet werden, denn entweder ergibt sich der Wille, notfalls gerichtlich vorzugehen, aus den Umständen (z.B. Abmahnung durch einen Rechtsanwalt), oder dem Schuldner ist aufgrund seiner geschäftlichen Erfahrung ohnehin klar, was geschieht, wenn er die geforderte Erklärung nicht abgibt (...). Vorliegend bringt das klägerische Schreiben (...) deutlich zum Ausdruck, dass die Klägerin nicht gewillt war, das angegriffene Verhalten zu dulden, nachdem sie diesbezüglich auch schon einen Rechtsanwalt eingeschaltet hatte, so dass aus Sicht der Beklagten erkennbar war, dass nach Ablauf der gesetzten Frist eine gerichtliche Inanspruchnahme drohte. Hinzu tritt der Umstand, dass aus Sicht der Klägerin eine weitere Abmahnung gegenüber der Beklagten mit ausdrücklicher Androhung gerichtlicher Schritte offensichtlich nutzlos gewesen wäre, nachdem die Beklagte auch nach Zugang der Abmahnung die Zahlung der Forderung, welche sie durch das beanstandete Schreiben zu erlangen versuchte, gegenüber der Klägerin weiterhin angemahnt hatte (...). Ein Verletzer kann sich aber nicht auf eine fehlende (hier: weitere) Abmahnung berufen, wenn - wie vorliegend - aufgrund der gesamten Umstände nicht davon auszugehen ist. dass er in diesem Fall die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hätte (...)."

Landgericht München I, Urteil vom 18.10.2016, Az.: 33 O 7872/16

Hinweis:

Der BGH hat bereits mit Urteil vom 26.07.2012 (Az. VII ZR 262/11) klargestellt, dass als Korrekturdruck getarnte Aufträge über kostenpflichtige Branchenbucheinträge oder ähnliche irreführenden Praktiken von Branchenbuchanbieter nicht nur wettbewerbswidrig sind, sondern derjenige, der solche "Aufträge" unterzeichnet, die Kosten für den Branchenbucheintrag nicht zahlen muss.