Werbung mit "jahrelanger Erfahrung" bei Inhaberwechsel

Firmenwerbung mit "jahrelanger Erfahrung" im Whirlpoolbereich

Das OLG Frankfurt hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Werbeaussage "jahrelange Erfahrung" eines Unternehmens zulässig ist, wenn ein Inhaberwechsel stattgefunden hat. Im konkreten Fall war dies zulässig, da trotz Inhaberwechsel wirtschaftliche Identität bestand, die neue Firma also mit der alten Firma wesensgleich war.

Sachverhalt: Firmenwerbung mit „jahrelanger Erfahrung“ bei Inhaberwechsel

Die Parteien vertreiben Whirlpools. Die Beklagte warb im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Whirlpools mit folgenden Angaben:

„Unsere jahrelange Erfahrung im Bereich der Whirlpools..." bzw. "... unserer jahrelangen Erfahrung im Wellness-Bereich..."

Die Beklagte war erst wenige Monate vorher in das Handelsregister eingetragen worden. Jedoch hatten die hinter der Beklagten stehenden handelnden Personen zuvor eine andere Firma über längere Zeit betrieben.

Urteil: Werbung mit "jahrelanger Erfahrung" bei wirtschaftlicher Kontinuität trotz Inhaberwechsel zulässig

Anders als die Vorinstanz sah das OLG Frankfurt in der Werbung der Beklagten mit „jahrelanger Erfahrung“ keine Irreführung, da der Verkehr die Werbeaussage nicht auf die Beklagte selbst, sondern auf die handelnden Personen bezieht:

Entscheidend ist, ob der Verkehr die angegriffenen Aussagen ausschließlich zu der Beklagten in Bezug setzt. Dann wäre der Antrag (…) begründet gewesen.

Der Hinweis auf Alter und Tradition eines Unternehmens suggeriert Kontinuität. Daher muss eine wirtschaftliche Fortdauer vorliegen. Das gegenwärtige Unternehmen muss trotz aller im Laufe der Zeit eingetretenen Änderungen noch mit dem früheren Unternehmen als wesensgleich angesehen werden können. Ist die wirtschaftliche Kontinuität gegeben, so ist es unerheblich, ob Inhaberwechsel, Rechtsnachfolger, Änderung des Firmennamens oder Rechtsform erfolgt sind. Allerdings können sich im Falle der Rechtsnachfolge Einschränkungen ergeben, etwa wenn der Erwerber das Unternehmen auflöst (…).“

Vorliegend bejahte das OLG die erforderliche wirtschaftliche Kontinuität:

"Dem Senat ist aus dem ebenfalls zwischen den hiesigen Parteien geführten Verfahren ... bekannt, dass die Firma A1 GmbH und Co. KG im Juli 2018 erloschen ist und deren Kommanditanteile auf die hiesige Beklagte übertragen worden sind; sodann ist die Komplementären der GmbH & Co. KG ausgeschieden. Die "handelnden Personen" sind nach den Angaben der Beklagten gleichgeblieben. Dass jedenfalls die Geschäftsführerin der GmbH & Co. KG, Frau D, auch Geschäftsführerin der Beklagten ist, ergibt sich aus dem Passivrubrum. Es wäre daher an der Klägerin gewesen, Umstände vorzutragen, aus der sich die fehlende wirtschaftliche Kontinuität herleiten ließe, mit der Folge, dass der Tatbestand einer Irreführungsgefahr erfüllt wäre. Das hat die Klägerin nicht getan; sie argumentiert rein formal mit dem Gründungsdatum der Beklagten. Da die Beklagte eine Kontinuität bei den handelnden Personen behauptet hat, ist sie einer etwa bei ihr liegenden sekundären Darlegungslast nachgekommen.“

Zudem hatte das Gericht Zweifel, ob der Verkehr die Werbeaussage allein auf die Beklagte bezog:

"Im Übrigen ist es aufgrund des Kontextes, in dem die angegriffenen Aussagen stehen, zweifelhaft, ob der Verkehr die behauptete jahrelange Erfahrung allein auf die Beklagte bezieht.
Auf Anlage CF 8 heißt es:

"A ist ein Tochterunternehmen der E GmbH - Europas größtem Spa- und Wellness-Anbieter mit Sitz im schwäbischen Stadt1. Unsere jahrelange Erfahrung im Bereich der Whirlpools hat gezeigt, ..." und
"A ist das Ergebnis unserer jahrelangen Erfahrung im Wellness-Bereich ..."-

Der Verkehr wird also darauf aufmerksam gemacht, dass die Beklagte kein Einzelunternehmen ist, sondern Teil einer Unternehmensgruppe. Es liegt deshalb nahe, dass er die Behauptung der "jahrelangen Erfahrung" auf die Unternehmensgruppe und nicht allein auf die Beklagte bezieht.“

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.03.2021, Az. 6 U 212/19

Praxistipp:

Auch bei der Firmen- und Unternehmenswerbung (z.B. Alterswerbung oder "Traditionswerbung") ist das Irreführungsverbot zu beachten. Wird irreführend mit dem Alter oder der Tradition geworben, droht eine Abmahnung wegen Wettbewerbsverstoß.

Die "Werbung mit dem Alter" eines Unternehmens erweckt beim Verkehr positive Assoziationen. Dem Unternehmen werden vom Verkehr besondere Erfahrun­gen auf dem betreffenden Gebiet, wirtschaftliche Leistungskraft, Zuverlässigkeit und Solidität sowie langjährige Wertschätzung innerhalb des Kundenkreises zugesprochen. Damit enthält die Alterswerbung versteckte Qualitätssignale, die geeignet sind, die Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Wer sein Un­ternehmen in der Werbung älter macht, als es in Wirklichkeit ist, verstößt daher gegen das Irreführungsverbot und kann wegen unlauterer Werbung abgemahnt werden.

Die "Traditionswerbung" soll die Vorstellung von einem traditionsbewussten, seit langem mit Erfolg im Markt tätigen, auf bewährte Produkte setzenden Unternehmen vermitteln, ohne damit nahezulegen, dass diese Produkte seit Jahrhunderten unverändert geblieben sind. Der Hinweis auf die Tradition eines Unternehmens in der Werbung suggeriert wirtschaftiche Kontinuität. Demzufolge darf mit Aussagen wie „jahrelange Erfahrung“ grundsätzlich nur geworben werden, wenn durchgängig eine Geschäftskontinuität besteht. Das aktuelle Unternehmen muss trotz aller im Laufe der Zeit eingetretenen Änderungen noch mit dem alten Unternehmen als "wesensgleich" angesehen werden können. Es kommt also auf die wirtschaftliche Fortsetzung des in der Werbung dargestellten Geschäftsbetriebes an.

Wird z.B. mit dem Gründungsjahr geworben, so ist dies dann nicht irreführend, wenn das angegebene Gründungsdatum zutreffend ist und seit dem genannten Datum eine ausreichende Kontinuität der Unternehmensführung vorliegt. Umgekehrt ist die Werbeangabe irreführend, wenn ein unzutreffendes Gründungsjahr benannt wird und bzw. oder die erforderliche Unternehmenskontinuität nicht besteht.

Eine bloße Namenskontinuität genügt nicht. Liegt Geschäftskontinuität vor, sind Inhaberwechsel, Rechtsnachfolger, Änderung des Firmennamens oder der Rechtsform unschädlich.